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Alumni-Karrierewege: Porträtreihe

Sonja Felten

Fächer: Geschichte und Musikwissenschaft | Heute: Leiterin Stadtarchiv Monheim am Rhein

Welche drei Dinge fallen Ihnen spontan zu Köln ein?

Spontan fallen mir Caspar, Melchior und Balthasar ein. Auch bekannt als die Drei Heiligen Könige. Sie haben mich während des Studiums immer wieder begleitet und gehören genauso zu Köln wie das Kölsch. Am Dreikönigstag wird am Schrein im Dom übrigens eine Klappe geöffnet, sodass man die Schädel sehen kann. Ein tolles Erlebnis, das ich jedem empfehlen möchte.

Warum haben Sie an der Philosophischen Fakultät der Uni Köln studiert?

Das hat einen einfachen Grund: Bereits vor Beginn des Studiums habe ich mich sehr für kölnische Stadtgeschichte interessiert. Als ich herausfand, dass am Historischen Institut dazu Seminare und Vorlesungen angeboten werden, war ich ganz begeistert und wollte dort unbedingt studieren. Ich habe ganz tolle Einblicke erhalten, die mir auch heute sehr bei meiner Arbeit helfen. Zudem wurde auch das eher selten zu findende Fach Musikwissenschaft angeboten.

Was sind Ihre Stärken als Geistes- und Kulturwissenschaftlerin?

Generell ist man als Geisteswissenschaftler*in die/der perfekte*r Überlebenskünstler*in. Man hat so viele Fähigkeiten erlernt, etwa Informationen kritisch zu hinterfragen – was für die Quellenarbeit im Archiv sehr wichtig ist. Außerdem kann man sich super schnell in neuen Sachverhalten zurechtfinden und Lösungen für Probleme finden. Darüber hinaus ist man überdurchschnittlich sozial und tolerant. Zuletzt helfen natürlich auch all die inhaltlichen Kenntnisse für die Arbeit als Historiker*in.

Haben Sie sich Ihren Berufsweg in diesem Maße vor Ihrem Studium so vorgestellt?

Im Leben nicht. Als ich mein Studium als sogenanntes „Arbeiterkind“ anfing, war mein erster Gedanke vor allem: Hoffentlich finde ich mich schnell zurecht und hoffentlich schaffe ich das Studium überhaupt. Dass ich mal ein Stadtarchiv leiten würde, hätte ich nie zu träumen gewagt. Ich bin wirklich sehr dankbar dafür.

Gab es Situationen oder bestimmte Personen, die Sie inspiriert und Ihnen im Hinblick auf spätere Berufsentscheidungen geholfen haben?

Da fällt mir im Besonderen Werner Tschacher ein, der im BM4 am Historischen Institut eine berufsbezogene Veranstaltung angeboten und mir sehr geholfen und mich inspiriert hat. Er hat uns ermutigt, Praktika zu machen. Zudem hat er uns alle Berufsfelder für Historiker*innen vorgestellt und betont, dass wir keine Angst haben müssten, arbeitslos zu werden. Es gäbe immer eine Möglichkeit, wo man als Historiker*in arbeiten könne, da diese Berufsgruppe in fast jeder Branche zu finden sei. Er hat mich auch während meines Praktikums im Stadtarchiv betreut. Ich fand es besonders toll, dass er uns gesagt hat, dass wir keine Angst vor der Zukunft haben müssen.

Was würden Sie heute als Studentin anders machen?

Ich würde ein Auslandssemester in Großbritannien machen und mir häufiger eine Waffel im e-Raum gönnen - für beides fehlte mir damals nämlich Zeit und Geld. Die Waffel mit Nutella war so lecker, auch wenn der Spender so gut wie nie funktionierte - eine ganz besondere Erinnerung.

Was macht Ihnen an Ihrem jetzigen Beruf besonders viel Freude? 

Mir macht besonders der Gedanke viel Freude, einen kleinen Teil dazu beitragen zu dürfen, dass die Stadtgeschichte für weitere Generationen erhalten bleibt. Zudem kann ich durch die nun geplante Digitalisierung den Weg in die Zukunft öffnen und neue Impulse geben. Ich kann mir wirklich keinen besseren Beruf vorstellen!

Welche Aufgaben haben Sie dort?

Bei uns ist noch keine einzige Akte digital. Die Digitalisierung ist meine große Aufgabe für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Ich erarbeite gerade eine Strategie, wie man Archivalien in einem digitalen Lesesaal zur Verfügung stellen kann, auf den man weltweit vom Sofa aus zugreifen kann – ganz nach dem Kölner Vorbild, wo es bereits einen digitalen Lesesaal gibt: Originale werden geschont, der Anfahrtsweg gespart. Darüber hinaus fallen auch normale Aufgaben wie Archivalien zu verzeichnen, zu erschließen und zu verwahren an. Außerdem schreibe ich die Chronik für die städtische Internetseite, die Monat für Monat das städtische Geschehen nachzeichnet. Darüber hinaus arbeite ich am städtischen Projekt „Erinnern statt Vergessen“. Bei dem Projekt geht es um die Schicksale verfolgter Jüdinnen und Juden sowie die von ehemaligen Zwangsarbeitenden. Es wurden bereits 75 Stolpersteine und eine Stolperschwelle verlegt. Im Herbst 2021 haben wir zudem eine interaktive Karte auf der städtischen Internetseite veröffentlicht, die die Schicksale auch unterwegs greifbar macht. Meine Aufgabe ist zu schauen, ob die Informationen, die wir bisher haben, überholt sind. Denn heute ist es durch bereits digitalisiertes Material viel leichter, an Informationen zu gelangen, neue Dinge aufzudecken und auch neue Bilder zu entdecken; beispielsweise konnte ich in den Niederlanden Portätfotos von ehemaligen Zwangsarbeitern finden. Hin und wieder entdeckt man bei den Recherchen auch ein bisher noch nicht bekanntes Schicksal. Eine weiteres Ziel ist es, das Archiv gegen Wasser und Feuer zu sichern. Bisher konnten wir das Archiv mit Feuerlöschern und Wassermeldern ausstatten und einen Notfallplan erstellen. Weitere Maßnahmen sind geplant. Dass das Thema Notfallvorsorge sehr wichtig ist, habe ich im letzten Jahr erfahren, als das Stadtarchiv Leichlingen bei der Flutkatastrophe schwer getroffen wurde. Da wir mit den Stadtarchiven Leichlingen, Leverkusen und Langenfeld in einem Notfallverbund sind, haben wir bei der Bergung fast zwei Wochen lang geholfen – Bilder, die einen nicht so schnell loslassen.

Welche drei Tipps haben Sie für unsere Studierenden der Phil im Hinblick auf Ihr Studium und das spätere Berufsleben?

  1. Machen Sie so viele Praktika wie möglich. Man weiß nie, was sich daraus ergibt. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
  2. Genießen Sie die Zeit an der Universität. Manchmal wird man wehmütig zurückschauen und die Uni ein klein wenig vermissen, auch wenn man im aktuellen Job sehr zufrieden ist.
  3. Lassen Sie sich nicht einschüchtern, vor allem nicht als Arbeiterkind.