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Alumni-Karrierewege: Porträtreihe

Björn Theis

Fächer: Völkerkunde, Englische Philologie & Philosophie | Heute: Leiter der Zukunftsforschung Evonik Industries AG

Welche drei Dinge fallen Ihnen spontan zu Köln ein?

  • Albertus Magnus
  • der Dom
  • der Groove Attack Plattenladen

Warum haben Sie an der Philosophischen Fakultät der Uni Köln studiert?

Ehrlicherweise begann mein Studium in Köln mit Zahnmedizin. Schnell merkte ich aber, dass dieses Fach mich nicht "erfüllte". Ich nahm das Vorlesungsverzeichnis zur Hand und entdeckte die Ethnologie. Ganz ehrlich, ich wusste davor nicht, dass es dieses Fach gibt! Bei dem Lesen der Seminarbeschreibungen war es dann um mich geschehen und nach dem Besuch der ersten Ethnologie-Vorlesungen als Gasthörer war es klar, dass ich mein Studienfach wechseln musste.

Was sind Ihre Stärken als Geistes- und Kulturwissenschaftler?

Ich denke, dass die Stärke aller Geistes-/Kulturwissenschaftler*innen darin liegt, dass wir darin geschult sind, uns in verschiedenste Denkmodelle und -prozesse hineinzuversetzen, sie zu untersuchen, zu verstehen und in Frage stellen. 

Haben Sie sich Ihren Berufsweg in diesem Maße vor Ihrem Studium so vorgestellt?

Nein, ich arbeite ja in dem Bereich der Zukunftsforschung. Wie bereits erwähnt, fand ich ja "mein" Studienfach erst, als ich an der Universität war. Und auch die Zukunftsforschung "entdeckte" ich erst im Studium. Vielmehr kann man sagen, dass auf mein Weg zum Beruf eher einer Entdeckungsreise oder Feldforschung glich: Erst an der Universität erhielt ich das Wissen und die Fähigkeiten, die meine Karriere möglich machten. 

Gab es Situationen oder bestimmte Personen, die Sie inspiriert und Ihnen im Hinblick auf spätere Berufsentscheidungen geholfen haben?

Mit Sicherheit war es Prof. Dr. Michael Casimir und die ersten Seminare bei ihm in der Ethnologie. Man kann sagen, dass er und der Kulturrelativismus mir die Augen öffnete, dass man komplexe Fragestellungen am besten mit einem multiperspektivischen Ansatz bearbeitet. 

Was würden Sie heute als Student anders machen?

Vielleicht noch ein, zwei Seminare pro Semester mehr besuchen? Die Möglichkeiten, solche Bildungsangebote erleben zu dürfen, nehmen im Berufsleben ab.

Was macht Ihnen an Ihrem jetzigen Beruf besonders viel Freude?

Das Interdisziplinäre: In der Corporate Foresight arbeitet man beispielsweise mit dem sogenannten STEEP-Ansatz. Die Abkürzung steht für Society, Technology, Ecology, Economics und Politics. Versucht man, mögliche zukünftige Entwicklungen abzuschätzen, muss man alle diese Bereiche mitberücksichtigen. So nutzt beispielsweise die tollste Technologie nichts, wenn sie gesellschaftlich nicht akzeptiert wird, denken wir an die Diskussion über genetisch modifizierte Organismen. Daher komme ich in meinen Berufsalltag in Kontakt mit Expert*innen aus all diesen Bereichen. 

Welche Aufgaben haben Sie dort?

Die Aufgabe meines Teams ist es, zukünftige Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, die Auswirkungen auf das Unternehmen zu antizipieren und auf Basis dieser identifizierten entstehenden Chancen und Herausforderungen effektive Antworten und Lösungsansätze für das Unternehmen zu formulieren. Wie gesagt, ist es hierbei unerlässlich, möglichst viele Perspektiven in die Betrachtung miteinzubeziehen, daher ist mein Team fachwissenschaftlich interdisziplinär besetzt. Auch ist es wichtig zu verstehen, dass wir nicht „in die Zukunft schauen“, sondern gegenwärtige Zukunftsbilder und Maßnahmen, die darauf einzahlen, betrachten. So wird über die Zukunft in der Gegenwart entschieden. Ein Beispiel hierfür ist die Diskussion über eine CO2-Bepreisung ‒ wird ein solche eingeführt, hätte dies weitreichende Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft.

Welche drei Tipps haben Sie für unsere Studierenden der Phil im Hinblick auf Ihr Studium und das spätere Berufsleben?

Ich glaube, es ist wichtig, seiner Neugier zu folgen und zu lernen, auch Phasen des Zweifels auszuhalten. Bereits mit Studienbeginn der Geisteswissenschaften hat man sich ja in gewisser Weise entschieden, eine Reise ins Unbekannte anzutreten ‒ sonst hätte man sich für eine Banklehre entschieden. Es lohnt sich, diese Reise zu Ende zu führen!