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Alumni-Karrierewege: Porträtreihe

Darijo Višević

Fächer: Geschichte, Philosophie, Soziologie | Heute: Selbstständiger Coach, Trainer & Berater 

Welche drei Dinge fallen Ihnen spontan zu Köln ein?

  • Erstmal anonym (an der Uni)
  • Verrückt im besten Sinne
  • Wurzeln geschlagen

Warum haben Sie an der Philosophischen Fakultät der Uni Köln studiert?

Das war komplett Zufall. Ich bin in Frankfurt zur Schule gegangen und habe gegen Ende meiner Schulzeit gemerkt, dass ich ein neues Kapitel beginnen möchte. Dafür brauchte es einen Ortswechsel und einen richtigen Change. Mein älterer Bruder lebte bereits in Köln und dann hat es mich dort hingezogen. Wenn ich ihn in Köln besucht hatte, fand ich es immer nett. Zu den Fächern ist es u.a. durch meinen sehr guten Geschichtslehrer gekommen, der mein Interesse geweckt hat. Mich hat vor allem das differenzierte kritische Denken fasziniert. Da ich außerdem immer schon die Grundfragen des Lebens mochte und faszinierend fand, habe ich Philosophie gewählt. Soziologie kannte ich aus der Schule und hatte immer eine gute Note. So habe ich gar nicht so lange nachgedacht. Die Kombi fand ich gut und dachte: Dann mach ich das jetzt – aus Interesse.

Was sind Ihre Stärken als Geistes- und Kulturwissenschaftler?

  • Kritisches Hinterfragen
  • Der Perspektivwechsel
  • Analytisches Denken
  • Das Co-Kreieren
  • Das Soziale und Empathische, was in den Geistes- und Kulturwissenschaften steckt
  • Interesse an kultureller Tiefe

Alles Skills, die du in der Wirtschaft beispielsweise auch als Leader brauchst.

Haben Sie sich Ihren Berufsweg in diesem Maße vor Ihrem Studium so vorgestellt?

Nein, wirklich gar nicht. Es gab eine Situation, an die ich mich erinnere, als ich mir um 2 Uhr nachts nach einer Party ein Taxi nach Hause gegönnt habe und der Fahrer mir erzählte, er habe Philosophie studiert. Mir ging insofern ein Licht auf, als dass mir klar war: Langsam muss ich mal überlegen, was ich berufsmäßig eigentlich machen möchte. Ich war teilweise „lost“ mit Blick auf das, was ich machen wollte. Aber das gehörte dazu und hat mich so geprägt, dass ich mit meiner kleinen GbR Your Y mittlerweile genau diesen Fragen nachgehe: Welche Wirkung will ich haben und wofür bin ich überhaupt hier? In meiner Arbeit merke ich, dass passende Antworten auf diese Fragen bei Teams und Führungskräften eine unglaublich positive Wirkung entfalten können.

Gab es Situationen oder bestimmte Personen, die Sie inspiriert und Ihnen im Hinblick auf spätere Berufsentscheidungen geholfen haben?

Es gab mehrere Menschen und Situationen. Mein Geschichtslehrer hat mich inspiriert. Dazu muss ich etwas ausholen: Ich komme aus einem kroatisch-katholischen Zuhause, in dem Religion und Glaube straight gelebt wird. Als mein Geschichtslehrer uns damals im Unterricht fragte, wer an Gott glaube, hob ich die Hand, während er sagte, er würde nicht an Gott glauben. Er war einfach ganz anders als andere Lehrer*innen, wie ein Gegenpol zu meinem Zuhause. Das hat mich zum Denken gebracht. Es wurden neue Welten erkundet, weil es auf einmal erlaubt war, kritisch zu denken, auf den eigenen Verstand zu hören, eigene Entscheidungen zu treffen. Das war ein echter Boost in meinem Leben.

Die Initialzündung für meinen Karriereweg war ein über ein Stipendium finanziertes Seminar, das ich mit der Robert Bosch Stiftung auf der Krim (Ukraine) über zwei Wochen besucht habe. Ich war so fasziniert, wie die Trainerinnen Nora und Oxana mit uns gearbeitet haben. Es war ein sehr internationales und diverses Seminar mit Teilnehmenden aus über zehn Ländern. Mich hat es tief berührt, was mit der Zeitungstheatermethode, die wir kennenlernen durften, bewirkt werden kann. Zunächst habe ich ein ehrenamtliches Projekt durchgeführt (https://balkantheater.blogspot.com/). Danach bin ich über ein Stipendium selbst Seminarleiter geworden und habe meine Ideale und meinen Sinn in Richtung Business getragen, damit ich mit meiner Familie davon leben kann.

Was würden Sie heute als Student anders machen?

  • Sich trauen und mutig sein!
  • Noten und Abschlüsse zeigen, dass man in einem bestimmten System gut funktioniert. Talente bleiben da oft verborgen…sich ausprobieren!
  • Ich habe mich an dieser sehr großen Uni anonym und anfangs klein gefühlt und kannte keinen. Freunde suchen und finden!

Was macht Ihnen an Ihrem jetzigen Beruf besonders viel Freude? 

Ich stärke das Gute und Konstruktive in Menschen, Teams und Organisation. Daran glaube ich und dadurch schaffe ich ein Stück weit eine bessere und sinnvollere Zusammenarbeit und Zusammensein. Das ist, was mich antreibt und mir Sinn und Freude im Leben schenkt.

Wenn Menschen sich trauen, zu sich zu stehen und sich zu verändern und dann auch noch ihr Umfeld positiv beeinflussen – mega! Durch meine Begleitung habe ich einen Anteil daran, wie sie anfangen, eine gesündere Ausstrahlung zu bekommen und sich verändern. Das ist etwas absolut Wunderbares. Außerdem ist es schön zu merken, dass ich mit den Jahren ein eigenes Standing entwickelt habe. Die Möglichkeit zu haben, die eigene Power und das, was ich meine, verstanden zu haben, weiterzugeben, und eine Wirkung zu haben, ist wirklich ein tolles Gefühl.

Welche Aufgaben haben Sie dort?

Es geht vor allem um die Frage, wofür Menschen etwas machen. Ich biete Workshops an, arbeite mit Gruppen, die ich in ihrem Lernen begleite, arbeite mit Einzelpersonen und finde mit ihnen heraus, wohin sie sich entwickeln möchten, wie sie dann dort hinkommen und sich entsprechend verändern können. Mittlerweile habe ich Your Y (youry.de) mit Anne Brüne gegründet und biete für angehende Leader Leadership-Journeys an, für die wir unsere jahrelange Berufserfahrung zusammengebracht haben.

Strategisch ein Netzwerk aufgebaut habe ich bisher nicht, sondern bei meiner Arbeit eher auf meinen intuitiven Flow vertraut, der mir verschiedene Wege angeboten hat, meinen Weg zu spinnen.

Welche drei Tipps haben Sie für unsere Studierenden der Phil im Hinblick auf Ihr Studium und das spätere Berufsleben?

  1. Raus aus der potenziellen Überanpassung und hin zum eigenen Gestalten des Weges. Machen!
  2. Menschen folgen, bei denen ihr merkt, dass es einen Flow gibt und es für euch innerlich weitergeht. Hört auf das eigene Gefühl und eure eigenen Erfahrungen. Was mache ich gern, was fühlt sich gut an, was wäre eine Arbeit für mich? Seid dabei frei von den Vorstellungen von Eltern/Gesellschaft, sondern schaut auf eure eigenen Werte.
  3. Genießt den Weg: Du bist schon mittendrin. Dabei muss der Fun-Factor im Sinne der Selfcare nicht fehlen, indem ihr euch immer wieder die Frage stellt, was euch guttut und ihr gerne machen möchtet.