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Alumni-Karrierewege: Porträtreihe

Esther Dolas

Fach: Sozialwissenschaften, Anglistik und Pädagogik | Heute: Referentin für Ganztagsbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration NRW

Welche drei Dinge fallen Ihnen spontan zu Köln ein?

Karneval, der schönste Dom der Welt und die nettesten Menschen Deutschlands 

Warum haben Sie an der Philosophischen Fakultät der Uni Köln studiert?

Ich war schon immer von Literatur- und Kulturwissenschaften fasziniert und habe sehr gerne britische Literatur gelesen, als ich aufgewachsen bin. Die hat mir meine damalige Englischlehrerin näher gebracht. Deshalb hat mich das Anglistikstudium überzeugt. In der Beschäftigung mit Kunst und Kultur lernt man Gesellschaft aus einer ästhetischen Perspektive kennen. Da ich Anglistik mit Sozialwissenschaften kombiniert habe, hatte ich also den Vorteil, Gesellschaft aus verschiedenen Perspektiven zu ergründen. In jedem Falle lernt man in einem geisteswissenschaftlichen Studium zentrale Kompetenzen, die ich für meinen Job heute sehr gut gebrauchen kann. Wenn man mich zurückbeamen würde und ich wäre wieder Anfang 20, würde ich wieder das gleiche Studium wählen! 

Was sind Ihre Stärken als Geistes- und Kulturwissenschaftlerin?

Ich bin eine ausgebildete Generalistin. Ich habe also gelernt, mich schnell in verschiedene Themenbereiche einzuarbeiten. Somit auch komplizierte Texte schnell durchzuarbeiten und die wesentlichen Informationen aus ihnen herauszufiltern. Das ist schon ein ganz zentraler Skill für den Arbeitsmarkt!
Zudem haben Geisteswissenschafter:innen einen guten Zugang zu Theorien. Das abstrakte Denken, das ich in der Beschäftigung mit zum Beispiel Michel Foucault gelernt habe, ist sehr nützlich. In meinem jetzigen Job muss ich insbesondere Strukturen und Prozesse nachvollziehen, zum Beispiel die Art und Weise, wie neben unserem klassischen Schulsystem viele andere Akteure Bildungsprozesse in Kindern und Jugendlichen anstoßen oder befördern, insbesondere mit Blick auf die Kinder- und Jugendhilfe. Darauf aufbauend machen wir uns in Ministerien Gedanken darüber, wie man die Pläne der Politik im Rahmen des Koalitionsvertrages wirksam umsetzen kann, um idealerweise strukturelle Verbesserungen - in meinem Fall im Bereich der außerschulischen Bildung - für Menschen zu erwirken. 

Da haben mir die soziologischen Zugänge in meinem Studium, auch in der Anglistik, schon sehr geholfen. Auch wenn ich heute zu ganz anderen Themen arbeite, ist die Art zu denken im Alltag hilfreich. 

Haben Sie sich Ihren Berufsweg in diesem Maße vor Ihrem Studium so vorgestellt?

Überhaupt nicht! Ich habe erst im Studium verstanden, wie Ministerien arbeiten - und dass sie spannende Arbeitsorte für Menschen sind, die eine sinnstiftende Tätigkeit suchen. Ich habe Lehramt studiert, weil ich Bildung für einen der Grundpfeiler unserer Gesellschaft halte. Ich wollte also in einem Beruf arbeiten, der sinnhaft ist und einen gesellschaftlichen Beitrag leistet. Diesen kann ich nun leisten, praktisch aus dem „Maschinenraum“ des politischen Handelns heraus. 

Vor meiner Tätigkeit im Ministerium war ich als Projektmanagerin in einer Stiftung. In beiden Berufen war und bin ich in einer sehr privilegierten Lage, mich mit inhaltlichen Themen wie Bildung für nachhaltige Entwicklung oder der Frage zu beschäftigen, wie man Kindern und Jugendlichen die bestmögliche (Selbst-)Bildung ermöglichen kann - im Zusammenspiel mit aber auch völlig ohne Schule!

Ich empfehle, in Praktika Arbeitserfahrung zu sammeln, um herauszufinden, welche Art von Tätigkeit und welche Themen einem wirklich Spaß machen. 

Gab es Situationen oder bestimmte Personen, die Sie inspiriert und Ihnen im Hinblick auf spätere Berufsentscheidungen geholfen haben?

Ja, auf meinen ehemaligen Stiftungsjob hat mich ein guter Freund gebracht, der mal ein Praktikum in einer gemacht hat. Als wir in der Mensa saßen und er mir davon erzählt hat, hatte ich mein Aha-Erlebnis. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass es Stiftungen gibt. Meine Eltern sind in den 80ern nach Deutschland eingewandert und haben nie studiert. Ich komme also aus einer Arbeiter:innenfamilie. Stiftungen arbeiten akademisch. Sie waren sehr weit von meiner Lebensrealität entfernt. Genauso wie Ministerien! Die Entscheidung, in ein Ministerium zu gehen, habe ich getroffen, um mal die Seite zu wechseln. Das heißt weniger an kleineren Einzelprojekten zu arbeiten, wie es in der Stiftung der Fall ist, sondern an struktureller Veränderung mitzuarbeiten. Diese kann nur die Politik anschieben und umsetzen.  

Was würden Sie heute als Studentin anders machen?

Ich würde die Zeit mehr genießen. Es ist schon ein riesiges Privileg, sich jahrelang mit seinen Interessen beschäftigen zu können. Zudem würde ich selbstbewusster netzwerken. Letzteres ist zentral wichtig für den Berufseinstieg. Das habe ich aber erst am Ende meines Studiums gemacht. 

Was macht Ihnen an Ihrem jetzigen Beruf besonders viel Freude?

Das konzeptionelle Arbeiten, ganz nah am politischen Geschehen, macht den meisten Spaß. 

Welche Aufgaben haben Sie dort?

Ich bin Referentin für eine Reihe von Themen, allem voran für Ganztagsbildung oder auch Bildung für nachhaltige Entwicklung. Dabei arbeite ich fachlich und setze die Maßnahmen, die eine Regierung im Rahmen eines Koalitionsvertrages beschreibt, für die Themen um, für die ich bzw. wir als Team in einem sogenannten „Fachreferat“ die Zuständigkeit inne haben.

Welche drei Tipps haben Sie für unsere Studierenden der Phil im Hinblick auf Ihr Studium und das spätere Berufsleben?

  • Macht früh Praktika - und traut euch ruhig, euch fachfremd zu bewerben.
  • Baut früh eure Netzwerke auf und sprecht Berufstätige auf LinkedIn an und fragt sie nach Tipps. Die meisten Menschen freuen sich, wenn ihr nach Ratschlägen für den Berufseinstieg fragt.
  • Lasst euch nicht einreden, ihr hättet keine Kompetenzen für den Arbeitsmarkt - das ist ein Mythos!